Alle Welt spricht über Nachhaltigkeit. Ein Megatrend? Dass es um viel mehr geht, was echte Nachhaltigkeit ist und warum die TIROLER bereits seit 200 Jahren nachhaltig agiert, erklärt Hannes Ischia, Aufsichtsrat der TIROLER im Interview.
„Nachhaltiges Handeln hat viele Dimensionen“
Herr Ischia, was bedeutet für Sie Nachhaltigkeit?
Hannes Ischia: Nachhaltigkeit bedeutet für mich, so zu handeln, dass mehrere Generationen von diesem Handeln profitieren. Nachhaltigkeit ist das Gegenteil von Profitmaximierung. Die TIROLER VERSICHERUNG besteht seit 200 Jahren und hat sich nie von schnellen Gewinnen locken lassen, sondern immer langfristig geplant. Die Unternehmensleitung der TIROLER tut sich aufgrund der Geschäftsform leichter als Privatunternehmen. Viele wissen nicht, dass die TIROLER ein Verein ist. Damit ist sie keinen Aktionär*innen verpflichtet, sondern alle Gewinne fließen in den Verein und – in unterschiedlichen Formen – an ihre Mitglieder zurück.
Regionale Wertschöpfung
Nachhaltigkeit wird oft mit CO2-Reduktion und Plastikvermeidung assoziiert. Wie wird Nachhaltigkeit bei der TIROLER gelebt?
Der Umweltaspekt ist zu kurz gegriffen. Natürlich ist es wichtig, dass wir das Klima und unsere Umwelt schonen. Doch Nachhaltigkeit steht auf drei Säulen – der ökologischen, der ökonomischen und der sozialen.
Als regionale Versicherung haben wir eine große gesellschaftliche Verantwortung. Regionalität steht bei uns an erster Stelle: So vergeben wir, wo immer es möglich ist, Aufträge an unsere Kund*innen bzw. in der Region. Das fängt bei den Gastronomiebetrieben für unsere Geschäftsessen an und reicht über Kooperationen bis hin zur Bestellung von Büromaterial und Werbeartikeln. So bleibt die Wertschöpfung im Land und wir halten die Transportwege kurz. Wir sind aber nicht nur eine verantwortungsvolle Geschäftspartnerin, sondern auch eine verlässliche Arbeitgeberin. Wir bieten unseren Mitarbeiter*innen sichere und gesunde Arbeitsbedingungen, denn auch sie möchten wir langfristig an uns binden.
Was unsere Veranlagungen angeht, legen wir großes Augenmerk darauf, nachhaltig zu investieren. Etwa in Immobilien in der Region und in Unternehmen, die mit ihrer Technologie helfen, die Klimawende zu schaffen, und die die Menschenrechte achten.
Das alles ist Teil von nachhaltigem Handeln.
Wo sehen Sie die größten Risiken für Unternehmen, die das Thema Nachhaltigkeit bisher noch nicht auf der Agenda haben?
Ich bin überzeugt davon, dass über kurz oder lang Unternehmen ohne Nachhaltigkeitsengagement einen Wettbewerbsnachteil erleiden werden. Zum einen werden die Konsument*innen immer kritischer. Bei der jüngeren Generation zeigt sich zum anderen, dass Nachhaltigkeit nicht nur eine große Rolle bei Konsumentscheidungen spielt, sondern auch bei der Wahl des Arbeitgebers. Immer mehr Menschen wünschen sich eine sinnvolle Arbeit in einem Unternehmen, das weitsichtig agiert und nicht Mensch und/oder Umwelt schädigt.
Gut für Menschen und Umwelt
Sie sind im Lenkungsausschuss des Neubaus der TIROLER Zentrale. Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit beim Bau dieses Gebäudes?
Eine ganz wesentliche! Das begann bereits bei der Planung und der Materialauswahl, in diesem Fall Holz und natürliche Materialien, geht über die Gestaltung der Arbeitsplätze bis zur Auswahl der ausführenden Baufirmen. Wir beauftragen in erster Linie unsere Kund*innen und heimische Firmen – das hält einerseits die Wertschöpfung im Land, andererseits reduzieren wir damit die Anfahrtswege.
Das Gebäude wird so ausgerichtet, dass es möglichst lange Bestand hat. Die Dachgärten und die begrünte Fassade leisten einen Beitrag zur Abkühlung der Innenstadt. Der Neubau wird ein wegweisendes Projekt mit Vorbild-Charakter – denn ein Bürogebäude muss nicht zwingend aus Stahl und Glas bestehen.
Jede Baumaßnahme wird einer strengen Prüfung unterzogen, viele Techniken und Technologien, die wir einsetzen, sind neu und zukunftsweisend.
Eine große Rolle spielen dabei unsere Architekten (das Innsbrucker Büro DINA4, Anm.), die selbst aus einer intrinsischen Motivation heraus großen Wert auf nachhaltiges Bauen legen.
Wo liegen die größten Herausforderungen beim nachhaltigen Bauen?
Die erste Herausforderung war bereits der Rückbau des alten Gebäudes. Wir haben hier viel Inventar an Vereine, aber auch Privatpersonen verschenkt. Uns war es ein großes Anliegen, gut erhaltenes Mobiliar weiter zu geben, damit es möglichst lange verwendet wird. Nach dem Motto: „Verwenden statt verschwenden.“ Das war natürlich ein organisatorischer und logistischer Aufwand, der sich aber gelohnt hat.
Beim Neubau selbst sind wir oft im Zwiespalt. Die Annehmlichkeiten des Bürolebens erfordern manchmal Technologien, die nicht unbedingt nachhaltig sind. Raumkühlung ist hier ein gutes Beispiel: Kühlung kostet Energie, ist aber notwendig, um an heißen Sommertagen produktives Arbeiten zu ermöglichen. Wir arbeiten hier an einer guten, umweltschonenden Lösung.